Das Centre Pompidou in Paris zeigt noch bis zum 5. September eine große Sonderausstellung die sich mit der Kunstrichtung der „Neuen Sachlichkeit“ der künstlerischen Bewegungen die in den 20er Jahren, während der Weimarer Republik, in Deutschland entstand.
Die Ausstellung „Allemagne/ Années 1920/ Nouvelle Objectivité / August Sander /“ erstreckt sich über 13 Ausstellungsräume auf der 6. Etage des Museums Georges Pompidou für moderne Kunst.
Mehr als 900 Werke, darunter unzählige Fotos des deutschen Fotografen August Sander, Gemälde, Filme und Videos, Dokumente, Plakate, Foto-Montagen und Möbel aus den 20er Jahren in Deutschland sind großzügig präsentiert.
In acht Themenbereichen (Standardisierung, Montagen, Dinge, kalte Persona, Rationalität, Überschreitungen, Nützlichkeit, Blick nach unten) ist sie die erste große Ausstellung in Frankreich, die einen Blick auf Deutschland zwischen den beiden Weltkriegen vermittelt.
Das innovative Konzept der Ausstellung bietet einen Einblick in estnische und politische Strömung während der Weimarer Republik. Der Faszination für die Rationalisierung der Moderne und gleichzeitig die Kritik an einer kalten und entfremdenden Funktionalisierung vonseiten der Künstler der „Neuen Sachlichkeit“.
Fotos von August Sander
Die Ausstellung in der Ausstellung „Menschen des 20. Jahrhunderts“ mit Fotos von August Sander, einer der einflussreichsten Fotografen des zwanzigsten Jahrhunderts, bildet das Kernstück der Sonderausstellung.
Die Bilder des Malers und Fotografen beschäftigen sich mit den Typologien der deutschen Gesellschaft: Der Bauer, Der Handwerker, Die Frau, Die sozialen Körper, Der Künstler, Die Großstadt, Die letzten Menschen.
Fotos von der Ausstellung Neue Sachlichkeit
Kunstrichtung „Neue Sachlichkeit“
In Deutschland suchten Kunstkritiker lang nach einem Namen für die neue Kunstrichtung.
Paul Westheim benutzte den Namen „Naturalismus“. Franz Roh sagte „Postxpressionismus“ oder „Magischer Realismus“.
Schließlich kam der Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub kam auf den Namen „Neue Sachlichkeit“.
Unter diesem Titel fand 1925 eine Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim statt in der 32 Künstler, darunter Otto Dix, George Grosz, Alexander Kanoldt, Georg Scholz und Georg Schrimpf ihre Werke präsentierten.
Standardisierung
In der Abteilung „Standardisierung“ zeigt die Ausstellung das Konzept des Programms „Das Neue Frankfurt“. Die Stadt baute in fünf Jahren fast 10.000 Wohnungen in einheitlichen Wohnsiedlungen wie der Römerstadt.
Ein lebendiges Beispiel, das die Besucher in die Zeit eintauchen lässt, ist die „Frankfurter Küche“. Die erste industriell hergestellte Einbauküche, die in der Mitte des Ausstellungsraums aufgebaut ist.
Transgression – Überschreitungen
Der Erste Weltkrieg stellte in Deutschland die klassischen Geschlechterrollen infrage.
Während die Männer in den Krieg zogen, übernahmen Frauen die Arbeit in Fabriken und waren fortan auf Arbeitsmarkt etabliert.
Frauen nahmen ein androgynes Aussehen an. Kurze Haare, Hemd, Krawatte und flacher Oberkörper, wie Kate Diehn-Bitt in ihrem Selbstbildnis als Malerin (1935) zeigt.
In Berliner Kabarett Eldorado sorgten Transvestiten für Verwirrung. In von der Polizei tolerierten Clubs entwickelte sich eine homosexuelle Subkultur.
Die Künstlerin Jeanne Mammen malt Aquarelle, die den Alltag in lesbischen Treffpunkten skizzieren und die Beziehungen zwischen Frauen mit einer gewissen Zärtlichkeit darstellen.
Dagegen sind Gemälde von Otto Dix stärker von den homophoben Stereotypen der damaligen Zeit geprägt. Er karikiert die bisexuelle Tänzerin Anita Berber (Titelbild der Ausstellung). Sie galt als verrucht, Vamp und Femme fatale, das Sinnbild des puren Exzesses und der neuen, begehrenden Frau zugleich und als die Verkörperung des weiblichen Bohémiens.
Das Centre Pompidou, ein Bauwerk, das häufig wegen seiner kalten industriellen Looks kritisiert wurde und wird, ist meiner Meinung nach der ideale Ort für die Ausstellung.
Eine Gelegenheit, das Museum für moderne Kunst, in Paris, mit seinem ganz speziellen Charme (wieder)zu entdecken.
Sonderausstellung Allemagne/ Années 1920/ Nouvelle Objectivité / August Sander / Centre Pompidou, Paris
bis 5. September 2022
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